Schönheit ist ein heikles Thema in der Lyrik. Schönes beschreiben, gar schön schreiben? Aber ist es nicht das wie auch immer „Schöne“, das je nach Leser unterschiedlich Anziehende, das bewegt? Christine Hansmann weiß in ihrem Gedicht „Landgang“ um das Schweigen selbst angesichts gepflückter und im Büschel heimgebrachter Gemeiner Wucherblumen „des Lichtes und der Schönheit halber.“ Vielleicht kann und darf und sollte gerade ein Gedicht oder auch ein anderes Kunststückchen den Grund solchen Verstummens und dieses selber ausdrücken.
Das Gedichtbuch der 1961 geborenen früheren Opernsängerin aus Weimar jedenfalls trägt dies gleich wie programmatisch im Titel: Des Lichtes und der Schönheit halber. In ihren mittellangen, meist von sehr knappen, gar nicht auf schön polierten, aber eben stimmigen Versen geprägten Gedichten behandelt sie Familiengeschichtliches, Existenzielles, setzt sich mit Bildern von Paul Klee und Martin Max auseinander.
Dazu bietet sie ein paar treffliche Naturbeobachtungen, die sich wie kleine Gemälde ausnehmen. „Makellos liegendes Land, Silberinseln“ beginnt „Tableau“ über das Saaletal bei Naumburg, wobei der Blick zugleich „nach innen // geht“. Und in „Nacht“ ist die auch satztechnisch aufscheinende Mondsichel „in die- / ses unerhörte dunkle / Blau“ gesetzt. Oder die Autorin lässt mitlauschen, wie ein Teleskop auf der Suche nach Leben im All eine Schneeflocke fallen hört, in quasi außerirdischer Ruhezone.
In dem mehrteiligen Gedicht „Momentweise“ entwirft Christine Hansmann eine Poesie der Zwischenräume: Einer öffnet sich, wenn Menschen miteinander sprechen, einer sammelt das Gesprochene, einer ist leer. Sie überlagern sich. „Bis nicht mehr klar ist, / ob die Leere / sagbar wird / oder das Wortlose / sich leert.“ Und: „Bis wir verstummen. / Die Leerstellen zwischen uns / reden.“ Dann spricht auch das Gedicht.
Rolf Birkholz
Literaturzeitschrift „Am Erker“. Rezensionen.
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Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Autors und der Redaktion