„Feinste Schwingungen“ – Rezension zu „Des Lichtes und der Schönheit halber“ Mai 2017

Nach ihrem ersten Gedichtband Flucht ins Gelände (2012) und ihrer lyrischen Prosa Dunkelkammer (2013) hat Christine Hansmann in diesem Frühjahr ihren zweiten Gedichtband Des Lichtes und der Schönheit halber vorgelegt. Er ist als Band 44 der EDITION MUSCHELKALK erschienen und mit einem sehr einfühlsamen Nachwort von André Schinkel versehen. Wie alle bisherigen von der Literarischen Gesellschaft Thüringen e.V. herausgebrachten Bände dieser Edition ist er im Wartburg Verlag Weimar erschienen.

Christine Hansmann hat Gesang an der Leipziger Musikhochschule „Felix Mendelssohn-Bartholdy“ studiert und war von 1989 – 2014 als Sängerin am Nationaltheater Weimar engagiert. Sie hat das Glück, dass ihre Sprechstimme ebenso wohltönend klingt wie ihre Gesangsstimme. So gestaltet sie heute als Sprecherin literarische Programme und hat als Lyrikerin ihre eigene Sprache gefunden.

Ihren neuen Lyrik-Band hat Christine Hansmann ihrer Mutter Jutta Elisabeth Bernhardt (1926 – 1989) gewidmet. Das Gedicht Landgang, dessen letzter Vers gleichzeitig dem Band seinen Titel gibt, ist den fünf Abschnitten Gezeiten, Herzbube, Inschriften, Abglanz und Schwingung vorangestellt. Im ersten Abschnitt spürt die Autorin der Familientradition nach, legt sie genetisch und kulturell Ererbtes in der eigenen Biographie frei. Besonders anrührend sind die Gedichte Herkunft (S.11) und Alchemie (S. 20). Der zweite Abschnitt versammelt Liebesgedichte, von denen vor allem Lieblieder (S. 22) und das wunderbare siebenteilige Langgedicht Momentweise (S. 28 – 33) im Gedächtnis haften bleiben. Im dritten Segment finden sich Gedichte zu Zeichnungen Paul Klees, zu Farbholzschnitten des Weimarer Malers und Graphikers Martin Max und zu einer Skulptur des ebenfalls in Weimar lebenden Bildhauers Walter Sachs. Der vierte Abschnitt enthält vor allem von der sanft hügeligen Thüringer Landschaft und von den Jahreszeiten inspirierte Gedichte. Zu den einprägsamsten gehören Kirschbaum (für Thomas Rosenlöcher – S. 56) Nacht (S. 57) und Am Stern (S. 58).

Mit Schwingung klingt der Band aus. Zwei der Dichterin Gisela Kraft gewidmete Gedichte und das dem langjährigen Inspizienten des Weimarer Nationaltheaters Rudolf Wallack zugeignete Epitaph gehören zu den schönsten des Schlusstableaus und des ganzen Bandes

André Schinkel hat in seinem empathischen Nachwort beschrieben, wie Christine Hansmann beständig nach der ihr gemäßen lyrischen Form sucht. Nichts Eruptives, die Form Zerbrechendes gibt es in ihnen. Ruhig pulsiert der Rhythmus ihrer filigranen lyrischen Gebilde. Manche bleiben sehr schlank, fast haiku-artig. In andere strömt der volle Atem der Dichterin, ohne dunkle Schwere zu bewirken.

Leicht bleiben ihre Gedichte wie zarte Gesänge. Sie klingen und rühren damit die Leserschaft an. Offenbar hat Christine Hansmann Vieles ihrer Mentorin Gisela Kraft zu danken. Doch auch die Strenge gegenüber ihren eigenen Gedichten ist spürbar.
Sie hat ihr Maß gefunden. Inspirationsquelle sind für sie Natur, Landschaft, ihr „Herzensort“ Weimar und die Menschen, mit denen sie ein Stück ihres Lebens geteilt hat. „Äußere und innere“ Wirklichkeit, Einstiges und Heutiges, Natur und Kultur sind in ihren Gedichten auf musikalische Weise verwoben. Ihre feinen, lyrischen Gebilde sind musikalisch geformte Sprache.

Christine Hansmanns neuem Lyrik-Band liegt eine Ringstruktur zu Grunde. Musikalisch gesprochen ist es eine Rondo-Form. Architektonisch-bildkünstlerisch gedacht ist es die Form des „Rondells“ (André Schinkel). Vom ersten Gedicht Landgang bis zum letzten Gisela Kraft gewidmeten Gedicht Heimweg wird ein weiter Bogen gespannt. Der Kreis schließt sich.

„dein Ort ist hier ist anders-
wo sitzt du, schreibst
mit Wasserzeichen,

schräg ins Abendlicht
fallen die Tropfen, denke
ich leise dir nach.“

Der Heimweg führt uns Leser nach Hause. Dort angekommen, sei allen Lyrik-Freunden Christine Hansmanns neuer Gedichtband empfohlen. „Des Lichtes und der Schönheit halber.“

Dr. Dietmar Ebert
Literaturzeitschriften „Ort der Augen“ 3/2017 und Palmbaum 2/2017

Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Autors und der Herausgeber