Johannes Brahms und Georg Friedrich Daumer

„Wenn du nur zuweilen lächelst“ – Lied und Lyrik bei Johannes Brahms und Georg Friedrich Daumer. Textbeitrag von Christine Hansmann zum gleichnamigen Programm mit Marietta Zumbült (Sopran) und André Kassel (Klavier).

Wenn du nur zuweilen lächelst,
Nur zuweilen Kühle fächelst
Dieser ungemeßnen Glut –
In Geduld will ich mich fassen
Und dich alles treiben lassen,
Was der Liebe wehe tut.

In diesen knappen Versen klingt bereits alles an, was dem Textdichter Daumer wie dem Komponisten Brahms möglicherweise innerste, versteckte, schöpferische Antriebe waren: unerfüllte Sehnsucht, das flüchtige Glück des Augenblicks, unterdrückte Leidenschaft, erträumte Begegnung, Verzicht.

Im Jahr 1872 besucht Johannes Brahms den greisen Dichter und Philosophen in seinem kleinen Gartenhaus in Würzburg, wo dieser, von Krämpfen und nervösen Leiden geplagt, über seinem letzten Thema ‒ Theorie und Phänomen des „Wunders“ ‒ brütet. Brahms ist enttäuscht, da Daumer weder seinen Namen, geschweige denn die Vielzahl seiner Liedvertonungen zu kennen scheint. Was ihn nicht hindert, ihm angesichts der offensichtlichen Armut finanziell unter die Arme zu greifen – Brahms ist für seine stille Großherzigkeit bekannt.

Mehr als fünfzig Gedichte und Übersetzungen Daumers hat Johannes Brahms vertont. Was verbindet diese Künstler, ihre so verschiedenen, eine Generation auseinanderliegenden Lebensläufe?

Georg Friedrich Daumer, der Unbekannte, namhaft allenfalls noch als Erzieher des Findlings Kaspar Hauser, wird als drittes von sechs Kindern des Kürschners und Rauchwarenhändlers Peter Daumer am 5. März 1800 in die engen, mittelalterlichen Gassen von Nürnberg hineingeboren. Die Familie verarmt, an eine musikalische Ausbildung des begabten Jungen, der am liebsten Komponist werden möchte, ist nicht mehr zu denken. Zeitlebens bleibt Daumer auf Almosen von Gönnern und Mäzenatinnen angewiesen. Still, kränklich, allem Wilden, Rohen, Wüsten fremd… schrieb, musicirte, componirte, dichtete und dachte ich nur,  erinnert er sich. Die Mutter, intelligent und sehr religiös, hat den größten Einfluss auf ihn; mit ihr und der Schwester lebt er vor seiner Heirat über Jahre zusammen.

Im Nürnberger Aegidiengymnasium, an das er später als Gymnasialprofessor zurückkehrt, ist Hegel sein Rektor, in Erlangen beginnt er Theologie zu studieren, als Erlangener Theologiestudent gehören Anselm und Ludwig Feuerbach zu seinen wenigen Freunden, in München examiniert er schließlich in Philologie. 1832 lässt sich Daumer auf Grund eines Augenleidens pensionieren und wird freier Schriftsteller und Publizist. Mit ungeheurer Produktivität veröffentlicht er Jahr um Jahr Gedichte, Übersetzungen, Volksliedsammlungen, religionsphilosophische Abhandlungen; er kritisiert das Christentum, propagiert eine neue Naturreligion, befasst sich mit Islam und Judentum, wird Mitgründer des ersten deutschen Tierschutzvereins und sitzt immer zwischen allen Stühlen.

Mit Fug und Recht kann er aufgrund seiner immensen Bildung und des leidenschaftlichen intellektuellen Temperaments als einer der letzten Universalisten des 19. Jahrhunderts bezeichnet werden. Einsam und isoliert stirbt Daumer im Dezember 1875 in Würzburg. Der voluminöse Nachlass ‒ die Briefwechsel sind weitgehend verschollen ‒ liegt in der Universitätsbibliothek Frankfurt am Main ‒ noch immer kaum erschlossen.

Und Brahms, der herzensgute, bescheidene Sonderling, über den wir so viel mehr wissen? Wir springen in die dreißiger Jahre des 19. Jahrhunderts, in das verwinkelte Hamburger Gängeviertel.

Johannes Brahms wird dort am 7. Mai 1833 in ärmlichsten Verhältnissen geboren; der Vater ist Stadtmusikant, spielt Flügelhorn und Bass und gibt dem zarten, schüchternen Jungen ersten Musikunterricht. Da zu Hause kein Platz für ein Klavier ist, übt er in Klavierbaufirmen in der Nachbarschaft. Die Mutter vererbt ihm die Liebe zu Dichtung und Poesie, ihr ist er innig verbunden. Jeden Groschen gibt er für Bucheinkäufe aus, durchsucht Antiquariate; lebenslang wird er Literatur und seltene Notenmanuskripte sammeln.
Mit zehn Jahren gibt der Junge das erste Konzert; sein Hamburger Klavier- und Kompositionslehrer Marxsen sagt 1847, anlässlich des Todes von Mendelssohn-Bartholdy: Ein Meister der Kunst ist heimgegangen, ein größerer erblüht in Brahms. Bei Marxsen übt er sich in Bearbeitungen, im Arrangieren, er lernt die Kunst des Variierens, des Verwandelns eines musikalischen Themas, was sich vielfach in seinem späteren Komponieren wiederfinden wird. Damals improvisierte ich auch schon… Die schönsten Lieder kamen mir, wenn ich früh vor Tag meine Stiefel wichste.

Die weiteren Lebenswege sind bekannt: noch in der Jugend reist Brahms als Klavierbegleiter des ungarischen Geigers Remény durch Europa; Joseph Joachim, der genialische Violinvirtuose, wird ein wichtiger, lebenslanger Freund und empfiehlt ihn Franz Liszt und Robert Schumann. 1853 äußert sich Schumann in der „Neuen Zeitschrift für Musik“ begeistert über seine Lieder, nennt Brahms einen „Berufenen“ ‒ das öffnet die Türen. Erst Hofmusiker in Detmold, wird Wien ab 1862 seine künstlerische Heimat; Reisen, Konzertieren, Unterrichten prägen die Biographie; „daneben“, vor allem in den Sommerdomizilen, wo er ebenso leidenschaftlich spazieren geht wie komponiert, entstehen seine Werke: zwei Klavierkonzerte, vier Sinfonien, das „Deutsche Requiem“, Klavier- und Kammermusik und viele mehr. Vom umfangreichen Vokalwerk, insbesondere den Liedern nach Georg Friedrich Daumer, wird noch die Rede sein.

In seinen handgeschriebenen Notizbüchern, die der junge Brahms mit Lyrik füllt, findet sich ein Gedicht von Adalbert Chamisso:

„Was mir im Busen schwoll, mir unbewusst,
Ich konnt es nicht verhindern, ward Gesang.
Zum Liede ward mir jede süße Lust,
Zum Liede jeder Schmerz, mit dem ich rang.“

Die Texte der beiden Lieder „Liebesglut“, op. 47,2 und „So stehn wir, ich und meine Weide“, op. 32,8, sind Teil von Georg Friedrich Daumers Hafis. Eine Sammlung persischer Gedichte. Nebst poetischen Zugaben aus verschiedenen Völkern und Ländern, erschienen 1846. Die drei Bände finden bei seinen Zeitgenossen begeisterte Aufnahme, sie werden Daumers größter Erfolg als Schriftsteller. So Richard Wagner an einen Freund: Jetzt höre: Mensch! Mensch! Mensch! Schaff Dir Hafis an!

Das kommt nicht von ungefähr. Die literarische Annäherung Mitteleuropas an den Orient beginnt mit Adam Olearius, der 1654 das „Persianische Rosenthal“ übersetzt. „Tausendundeine Nacht“ und der Koran folgen im Jahrhundert danach. Friedrich Schlegel schreibt in der Zeitschrift „Athenäum“: Das höchste Romantische müssen wir im Orient suchen. Er ist es auch, der die orientalische Gedichtform des Ghasel mit seinem Königsreim in die deutsche Lyrik einführt. Hammer-Purgstalls erste Übersetzung von Versen des persischen Dichters Hafis wird von Johann Wolfgang von Goethe begeistert aufgegriffen. Er antwortet 1819 kongenial mit dem „West-östlichen Divan“ ‒ eine regelrechte Welle der west-östlichen Dichtung im 19. Jahrhundert setzt ein. Ihre Protagonisten: Friedrich Rückert, August von Platen (ein Studienfreund Daumers und von Brahms gerne vertont) und Daumer! Dass Letzterer sich in dem Gottesrebell, Außenseiter und Liebenden aus dem 14. Jahrhundert wiedererkennen würde, liegt auf der Hand.

Daumer bietet unter der Maske des Hafis weit mehr eigene Gedichte und freie Bearbeitungen als tatsächliche Übersetzungen – ein faszinierendes Rollenspiel, ohne das Vorbild des hochverehrten Goethe nicht zu denken. Daumer tauscht mit Hafis sein lyrisches Ich, er spricht als Hafis, nicht zu ihm wie Goethe. Er nutzt Formen der Anlehnung, der freien Variation, der Nachempfindung, der Adaption – Techniken, die dem Brahmsschen Variieren, Modulieren, Arrangieren musikalischer Motive durchaus verwandt sind.
Nicht zuletzt wird Daumer durch Hafis in seiner seltenen, uns wenig modern anmutenden Auffassung von der Heiligkeit der sinnlichen Liebe bestätigt – auch hier, wagen wir zu vermuten, dürfte ihm Brahms sehr nahe sein.

In den Liedern „Bitteres zu sagen denkst du“ op. 32,7 und „Wehe, Lüftchen, lind und lieblich“ op. 47,1 lassen sich Elemente des orientalischen Liebesverständnisses in der Hafis-Daumerschen Dichtung exemplarisch auffinden: der Liebende als Bittsteller, Unterwerfung bis zur Selbstaufgabe, Verherrlichung der Schönheit, Liebeswahn. „Locken“ und „Lippen“, „Wind“ und „Stäubchen“ malen die Begehrte wie den Verschmähten poetisch aus.

Zur Brahmsschen Vertonung von „Wehe, Lüftchen, lind und lieblich“ meint Max Kahlbeck, es ist eines jener Kunstwerke, welche die Natur selbst in einer Feiertagslaune produziert zu haben scheint.

Gerade die Liebesbeziehungen von Johannes Brahms sind vielfach beschrieben und gedeutet worden. Dennoch ist es aufschlussreich, die Rolle des Eros bei Daumer und Brahms näher zu beleuchten.

Was schreibt die Freundin Elisabeth von Herzogenberg an Brahms?
Ich muss es schon über mich ergehen lassen, dass Sie mich für etwas prüde halten, und doch ist nichts ungerechter. O wüssten Sie, wie viele Lanzen ich für Ihre Daumerschen Lieder gebrochen habe, selbst für das vielverketzerte „Unbewegte, laue Luft!

Georg Friedrich Daumer ist zu seiner Zeit tatsächlich als Verfasser allzu freizügiger erotischer Gedichte verschrien. „Meister Frauenlob“ – ein Image, das man vor allem aus den Gedichten der „Frauenbilder und Huldigungen“ abgeleitet hatte. Wie aber sieht die gelebte Wirklichkeit aus?

1834 heiratet der allzeit Kränkliche auf Anraten seiner Ärzte die ebenso fromme wie gestrenge Marie Friederike Rose ‒ eine Ehe, die er als Martyrium betrachtet. Notorischer Geldmangel und die unbegründete Eifersucht seiner Frau prägen den Alltag, die Beziehung zur einzigen Tochter Ottilie bleibt blass. Zeitweise entflieht er der Misere in seine Schreibklausen: ein uraltes Nürnberger Burgtürmchen oder das kleine Gartenhaus in Würzburg. Daumers Briefe an seine Nichte Helene allerdings offenbaren eine zwei Jahrzehnte dauernde, umfangreiche amouröse Korrespondenz; die leidenschaftlichen Liebesgedichte der erwähnten „Frauenbilder und Huldigungen“ von 1853, die sich auch im Bücherschrank von Johannes Brahms finden, sind wohl ihr zuzuordnen. Eine Liebe auf dem Papier? Auch das Verhältnis zu Mathilde Binder, die als uneheliches Kind in Nürnberg unter seinem Einfluss und dem merkwürdigen Pseudonym Amara George zur Schriftstellerin reift, bleibt nebulös; im Rang einer Mäzenatin stand Therese Hoffmann in Frankfurt.

Georg Friedrich Daumer ist trotz seiner asketischen Lebensweise nicht prüde gewesen. Die poetische Anverwandlung seiner reichen, unausgelebten Gefühlswelt im Gedicht hat Brahms zu den schönsten Miniaturen der Liedkunst inspiriert. An ihrer sublimen wie mitreißenden Sinnlichkeit hätte Daumer seine helle Freude gehabt.

Und Johannes Brahms? Er, der später nonchalant zitiert: Ich war leider nie verheiratet und bin es gottlob noch immer nicht, verliebt sich Zeit seines Lebens immer wieder in Sängerinnen seiner Lieder. Ob die Sopranistin der Wiener Hofoper Louise Dustmannn, die Altistin Hermine Spies, sein „Herminche“, das „rheinische Mädchen“, die 1887 über den 25 Jahre älteren Brahms schreibt: Das ist ein Kerl, der Brahms, ich war wieder ganz überwältigt, begeistert, kopflos. Und lieb war er, in rechter, sommerlicher, heiterer Stimmung! Der ist ewig jung! oder Alice Barbi, die italienische Primadonna, Flamme seiner Altersjahre ‒ immer flirtet er nur, sucht  erotische Augenblicke, immer verzichtet er lieber, als sich zu binden.

Einzig die frühe Beziehung zu der Sängerin Agathe Siebold in Göttingen, für die er mit den Liederzyklen op. 14 und op. 19 „klingende Liebesbriefe“ – wie Fischer-Dieskau sie nennt – komponiert, endet unglücklich. Brahms soll sie ihres Rufes wegen um die Heirat bitten, die Briefstelle: Ich liebe Dich! Ich muss Dich wiedersehen! Aber Fesseln tragen kann ich nicht!“ wird berühmt – und leider programmatisch.

Ohne Zweifel aber ist die vierzehn Jahre ältere Clara Schumann neben der Mutter die wichtigste Frau in seinem Leben. Mit ihr musiziert und konzertiert er, an sie schreibt er seine längsten und innigsten Briefe, ihr künstlerisches Urteil bleibt für ihn die „erste Instanz“. Nach dem tragischen Tod von Robert Schumann im Juli 1856 steht der junge Brahms der Familie bei, kümmert sich um die Kinder, mit der Nähe wächst seine Zuneigung. Später nennt er diese Monate seine „Werther“ Zeit. Er hat verzichtet. Warum? Warum vernichten beide in gegenseitiger Absprache den größten Teil ihrer Korrespondenz? Warum steht eine Ehe nicht zur Debatte?

In Briefen an Clara nennt Brahms damals das Familienglück etwas, das er immer erträume, aber vergeblich ersehnen würde. Er bleibt ihr über mehr als vierzig Jahre in tiefer Freundschaft verbunden, Krisen und spätere Zerwürfnisse ändern daran nichts. Aus seiner auch finanziellen Großzügigkeit macht er kein Aufhebens. Als sie im Mai 1896, nur elf Monate vor seinem eigenen Tod, in Ischl stirbt, ist er untröstlich. In seinem Brief an Claras Tochter Marie finden wir die Zeilen:

… Aber tief innen im Menschen spricht und treibt oft etwas, uns fast unbewusst, und das mag wohl bisweilen als Gedicht oder Musik ertönen.

Das Lied op. 96,2 „Wir wandelten, wir zwei zusammen“ – der Daumersche Text ist aus dem Ungarischen übertragen – hält Elisabeth von Herzogenberg für das unbedingt schönste, eins der herrlichsten Lieder, die es wohl auf der Welt gibt. Gut möglich, dass Brahms beim Komponieren die Erinnerung an eine stille, zweisame Stunde mit Clara Schumann im Sinn lag.

Die Vorlage für „Wir wandelten, wir zwei zusammen“ stammt aus Georg Friedrich Daumers „Polydora, Welt-poetisches Liederbuch“ von 1855, das Volkslieder aus fünfunddreißig verschiedenen Nationen, ähnlich Herders „Stimmen der Völker in Liedern“, in Übersetzungen und freien Nachdichtungen versammelt. Auch Daumers Hafis Bänden sind umfangreiche Anhänge mit „Weltpoesie“ beigefügt.

Das musste Brahms entgegenkommen, der an Clara Schumann schreibt: Das Lied segelt so falschen Kurs, dass man sich ein Ideal nicht fest genug einprägen kann. Und das ist mir das Volkslied.

Von den fast vierhundert Liedern, die Brahms komponiert hat, sind über einhundert bearbeitete Volkslieder; die „Liebesliederwalzer“ und „Neuen Liebeslieder“ für vier Singstimmen und Klavier zu vier Händen aus Daumers „Polydora“ sind seit dem Biedermeier bis heute fester Bestandtteil häuslichen wie öffentlichen Musizierens. das Volkslied wird ihm zur Schaffensquelle, zur Seele seiner Musik. Seine Lieblingslieder hat er mehrfach, mit immer neuer Begleitung aufgegriffen; die letzte Volksliedsammlung wird erst 1894, drei Jahre vor seinem Tod, herausgegeben. Die Vorliebe für das Strophenlied, für „Rede und Gegenrede“, der enge Dialog von Singstimme und Bass, das kunstvolle Vor-und Nachspiel – alles das findet sich in Brahms’ originalem Liedschaffen wieder.

Schon in opus 32 ‒ darin „So stehn wir, ich und meine Weide“ und „Bitteres zu sagen denkst du“ ‒ in ihrer berührenden Innerlichkeit sind der Anspruch des Kunstliedes und das Ideal des Volksliedes auf unnachahmliche Weise vereint.

Die Lieder aus opus 57 sind als Zyklus der einzige, der nur Vertonungen von Gedichten Georg Friedrich Daumers enthält. Brahms nannte Daumer einmal einen „Vollblutdichter“ und hat an der Vorliebe für seine Dichtungen, auch wenn uns heute manches davon altmodisch oder süßlich anmuten mag, immer festgehalten.

Nicht nur der erste, eingangs erwähnte Besuch des Komponisten bei Daumer in Würzburg, auch der zweite, im Todesjahr 1875, schlägt fehl: Daumers Tochter Ottilie lässt ihn nicht mehr zu dem Sterbenskranken ein. Brahms übergibt dennoch die mitgebrachten Notenhefte und greift Daumer angesichts der offensichtlichen Armut noch einmal finanziell unter die Arme – letzte Gesten einer lebenslangen Verehrung.

Schade, dass Georg Friedrich Daumer und Johannes Brahms, dieses „ungleich-gleiche“ Paar, nicht die Gelegenheit hatten, sich unter anderen, günstigeren Umständen auszutauschen. So bleibt ihre geistige Verbindung Imagination. Einzig im Lied ist sie verwirklicht.

Und die Liebe? Auch sie lebt für beide Künstler in unerfüllter Sehnsucht, in geträumter Begegnung, im resignierten Verzicht. Nur in der Erinnerung sei die Liebe glücklich, hat sich Brahms einen Satz des dänischen Philosophen Kierkegaard notiert. Der schöpferische Impuls aber ist stärker, er verwandelt alles Unaussprechbare, alles Erträumte in klingende Kleinode, in Lyrik und Lied.