Hanns-Peter Jannoch: „Zeitgehöft“ – Liederzyklus nach Paul Celan

Uraufführung des Liederzyklus‘ „Zeitgehöft. Sieben Lieder für Singstimme und Klavier“ von Hans-Peter Jannoch (1938-2004) nach Gedichten von Paul Celan am 4. November 2001 im Rahmen einer Lied-Soiree im Foyer I des Deutschen Nationaltheaters Weimar.

Mitwirkende:
Christine Hansmann, Mezzosopran
Hans-Peter Jannoch, Klavier

Hier anhören:

Texte:
aus „Zeitgehöft. Späte Gedichte aus dem Nachlaß.“


Wanderstaude
, du fängst dir
eine der Reden,

die abgeschworene Aster
stößt hier hinzu,

wenn einer, der
die Gesänge zerschlug,
jetzt spräche zum Stab,
seine und aller
Blendung
bliebe aus.


Gehässige Monde
räkeln sich geifernd
hinter dem Nichts,

die sach-
kundige Hoffnung, die halbe,
knipst sich aus

Blaulicht jetzt, Blaulicht,
in Tüten,

Elend, in harten
Trögen flambiert,

ein Wurfsteinspiel
rettet die Stirnen,
du rollst die Altäre

zeiteinwärts.


Du liegst hinaus
über dich,

über dich hinaus
liegt dein Schicksal,

weißäugig, einem Gesang
entronnen, tritt etwas zu ihm,
das hilft
beim Zungenentwurzeln,
auch mittags, draußen.


Erst wenn ich dich
als Schatten berühre,
glaubst du mir meinen
Mund,

der klettert mit Spät-
sinnigem droben
in Zeithöfen
umher,

du stößt zur Heerschar
der Zweitverwerter unter
den Engeln,

Schweigewütiges
sternt.


Dein Uhrengesicht,

von Blaufeuern über-
lagert,
verschenkt seine Ziffern,

meine
Herkunft
hielt Umschau, sie geht
in dich ein, die mit-
vereinten
Kristalle
flennen.


Du wirfst mir Ertrinkendem

Gold zu:
vielleicht läßt ein Fisch
sich bestechen.


Ein Stern

lauscht einem Licht,
eine Stunde verstößt
eine Stunde,

herzschwer
rollt Azur
über dich hin,

dein blutiger
Speichel
beglückt
ein besessenes Staubkorn,

ein Mutterstummel
führt ein Frühgesicht
durch einen Schmerz,

sein Gott
schreitet mähend die Bilderfront ab,
auf den Graten
der obersten Wiege.


Eingeschossen

in die Smaragdbahn,

Larvenschlupf, Sternschlupf, mit allen
Kielen
such ich dich,
Ungrund.