Arnold Schönberg: Sechs Lieder aus „Das Buch der hängenden Gärten“ op. 15 nach Stefan George

Konzertmitschnitt vom 11.5.1993, Hochschule für Musik „Felix Mendelssohn-Bartholdy“ Leipzig
Mitwirkende: Christine Hansmann, Mezzosopran und Hans-Peter Jannoch, Klavier (Tonaufnahme: Eckard Rötger)

Sechs Lieder aus dem Zyklus „Das Buch der hängenden Gärten“ für Singstimme und Klavier, op. 15, von Arnold Schönberg (komponiert 1908/1909, UA 14.1.1910, Wien)

Text aus: Stefan George: Die Bücher der Hirten- und Preisgedichte · der Sagen und Sänge und der hängenden Gärten, 1893, Gesamtausgabe der Werke, 3. Band.

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Das schöne Beet

Das schöne beet betracht ich mir im harren ·
Es ist umzäunt mit purpurn-schwarzem dorne
Drin ragen kelche mit geflecktem sporne
Und sammtgefiederte geneigte farren
Und flockenbüschel wassergrün und rund
Und in der mitte glocken weiss und mild –
Von einem odem ist ihr feuchter mund
Wie süsse frucht vom himmlischen gefild.

Als wir hinter dem beblümten Tore

Als wir hinter dem beblümten tore
Endlich nur das eigne hauchen spürten
Warden uns erdachte seligkeiten?
Ich erinnere dass wie schwache rohre
Beide stumm zu beben wir begannen
Wenn wir leis nur an uns rührten
Und dass unsre augen rannen –
So verbliebest du mir lang zu seiten.

Wenn sich bei heilger Ruh

Wenn sich bei heilger ruh in tiefen matten
Um unsre schläfen unsre hände schmiegen ·
Verehrung lindert unsrer glieder brand:
So denke nicht der ungestalten schatten
Die an der wand sich auf und unter wiegen ·
Der wächter nicht die rasch uns scheiden dürfen
Und nicht dass vor der stadt der weisse sand
Bereit ist unser warmes blut zu schlürfen.

Du lehnest wider eine Silberweide

Du lehnest wider eine silberweide
Am ufer · mit des fächers starren spitzen
Umschirmest du das haupt dir wie mit blitzen
Und rollst als ob du spieltest dein geschmeide.
Ich bin im boot das laubgewölbe wahren
In das ich dich vergeblich lud zu steigen..
Die weiden seh ich die sich tiefer neigen
Und blumen die verstreut im wasser fahren.

Sprich nicht immer von dem Laub

Sprich nicht immer
Von dem laub ·
Windes raub ·
Vom zerschellen
Reifer quitten ·
Von den tritten
Der vernichter
Spät im jahr.
Von dem zittern
Der libellen
In gewittern
Und der lichter
Deren flimmer
Wandelbar.

Wir bevölkerten die abenddüstren Lauben

Wir bevölkerten die abend-düstern
Lauben · lichten tempel · pfad und beet
Freudig – sie mit lächeln ich mit flüstern –
Nun ist wahr dass sie für immer geht.
Hohe blumen blassen oder brechen ·
Es erblasst und bricht der weiher glas
Und ich trete fehl im morschen gras ·
Palmen mit den spitzen fingern stechen.
Mürber blätter zischendes gewühl
Jagen ruckweis unsichtbare hände
Draussen um des edens fahle wände.
Die nacht ist überwölkt und schwül.