Beitrag von Christine Hansmann zum 80. Geburtstag des Musikers Hanns-Peter Jannoch, April 2018
Der Musiker Hans-Peter Jannoch, 1938 in Berlin geboren, war Komponist und Pianist, Pädagoge und ein unermüdlich streitender Geist für die Musik des 20. Jahrhunderts. Durch die Mutter als studierter Pianistin und Klavierlehrerin wurde seine Musikalität früh gefördert. Jannoch, ausgebildet bei Rudolf Wagner-Régeny und Rudolf Dunkel, Meisterschüler von Johann Cielenšek – auch letzterer, nahezu vergessen, eine prägende Persönlichkeit des Thüringer Musiklebens nach 1945 – kam über Stationen als Repetitor und Schauspielkapellmeister in Schwerin und Rostock 1967 nach Erfurt. Hier schrieb er zahlreiche Schauspielmusiken, befreundete sich mit Dichtern wie Harald Gerlach und dem Weimarer Wulf Kirsten und Malern wie Alfred T. Mörstedt, Kurt W. Streubel oder Hans Winkler. Zeitgleich mit Gerlach am Erfurter Schauspielhaus engagiert, ließ er sich von ihm zu seinem Liederzyklus „Basalt“ und den „Josephsliedern“ anregen.
Etliche Kompositionen, vor allem Lieder und Kammermusiken, folgten; für „Strophen“ für Streichquartett erhielt er 1983 den Hanns-Eisler-Preis. Auch die dreizehn Jahre als Solorepetitor am Deutschen Nationaltheater Weimar oder das Zusatzstudium in den Fächern Dirigieren und Korrepetition an der Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar schmälerten Jannochs Verbundenheit mit der Stadt Erfurt, die bis zum Lebensende sein Wohnsitz blieb, nicht. Gemeinsam mit Erfurter und Weimarer Musikern und dem Komponisten Johannes Wallmann gründete er 1977 die Gruppe „Neue Musik“, für die er als Pianist und Dirigent wirkte; legendär wurden die „Kellerkonzerte“ mit Musik des 20. Jahrhunderts, ein Treffpunkt für Künstler und Freidenker, Kollegen und Zeitgenossen, im Erfurter Haus Meineckestraße 9b.
Ab 1990 unterrichtete er an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ Berlin Musiktheorie und Gehörbildung, ein charismatisches pädagogisches Wirken, wie Horst A. Scholz 2009 schrieb. Akribie, gründlichstes Handwerk, Leidenschaft für die Sache, Bescheidenheit im Persönlichen waren ihm unbedingt eigen. Kaum eine Einstudierung ist mir als Sängerin als so gründlich und gleichzeitig empathisch in Erinnerung wie mit Hans-Peter Jannoch für die gemeinsamen Konzerte mit seinen Karl Mickel-Liedern oder dem 2001 am DNT Weimar uraufgeführen Liederzyklus „Zeitgehöft“ nach Paul Celan, surrealistische Momente, in denen Jannoch Stimmung entdeckt und skurrile Pointe, gedanklichen Querstand und sprachliche Spielerei. Er bettet sie in das klangvolle Gerüst zwölf-töniger Struktur, in der sich Abstraktion und Irrealität trefflich widerspiegeln, wie Hans-Jürgen Thiers schreibt.
1989, mit der Wende, wurde er Gründungsmitglied und Pianist des „ensembles unitedberlin“, das sich seither national wie international Aufführungen zeitgenössischer Musik widmet; Konzertreisen führten ihn nach Moskau, St. Petersburg, Saratow, Barcelona, Madrid und Paris; 2003 ehrte ihn die HfM „Hanns Eisler“ Berlin zu seinem 65. Geburtstag mit einem Porträtkonzert. Hans-Peter Jannoch starb zehn Monate später überraschend auf Fuerteventura. Am 1. Mai 2018 wäre er achtzig Jahre alt geworden.