Christine Hansmann verabschiedet sich von der Bühne. Die Mezzosopranistin ist eine der erfahrensten Opernsängerinnen des DNT, seit 24 Jahren gehört sie dem Musiktheaterensemble an. Und wenn sie am Donnerstag mit einer musikalisch-literarischen Soiree Abschied nimmt von dem Haus, das sie wesentlich in ihrer künstlerischen Entwicklung geprägt hat, wird sich viel Wehmut in Wort und Musik mischen.
„Es ist natürlich ein tiefer Einschnitt“, gibt Christine Hansmann gern zu. „Sommergewinn“ sind Uraufführung, Lesung und Gespräch dennoch zuversichtlich überschrieben. „Etwas kommt zum Abschluss, gleichzeitig beginnt etwas Neues“, sagt sie. Ab September ist eine Umschulung in einen anderen kulturellen Bereich geplant. Intensiviert werden kann aber auch, was bei der Soiree anklingt: Christine Hansmann stellt eine Auswahl ihrer Texte vor. George-Alexander Albrecht, Ehrendirigent der Staatskapelle und Komponist, hat vier ihrer Gedichte sowie Texte anderer Dichter vertont. Sein Liederzyklus für Singstimme, Klavier und Streichquintett erlebt heute Abend seine Uraufführung. Im Gespräch mit Michael Dißmeier gibt Christine Hansmann Auskunft über ihren künstlerischen Werdegang und ihre schriftstellerische Arbeit.
Dem Publikum offenbart die gefeierte Sängerin sich damit von einer öffentlich eher wenig bekannten Seite. Viele haben sie in Erinnerung aus Michael Schulz‘ „Ring“-Zyklus, als Fricka, Siegrune und Erste Norn. Sie sang die Gräfin in „Pique Dame“, die Klytämnestra in Strauss‘ „Elektra“, die Gräfin im „Wildschütz“. Sie war in der Titelpartie im „Rosenkavalier“, als Marguerite in „Fausts Verdammnis“, als Kundry im „Parsifal“, Charlotte in „Werther“, Herodias in „Salome“, Hänsel in Humperdincks „Hänsel und Gretel“, Cherubino in „Figaros Hochzeit“ zu erleben. Am DNT machte Christine Hansmann „wichtige existenzielle Erfahrungen als Künstlerin und als Mensch“.
„Es gab viele prägende Begegnungen“, blickt sie zurück und meint damit Kollegen aus dem Sängerensemble ebenso wie Dirigenten und Regisseure. Christine Hansmann gastierte unter anderem an den Opernhäusern Bremen, Leipzig, Dresden, Kassel und Zürich sowie bei den Salzburger Festspielen. In all den Jahren an der Weimarer Bühne, seit Ende des Studiums in 1989 bis heute, hatte sie nie das Verlangen, an ein anderes Opernhaus zu wechseln. An Angeboten hat es nicht gefehlt. Doch die familiäre Situation der zweifachen Mutter und die Vertrautheit mit dem DNT und seinen Möglichkeiten, sich in großen Partien zu präsentieren, verhinderten, zum Glück, einen Weggang der in in einer traditionsreichen Musikerfamilie aufgewachsenen Opernsängerin.
Die Operndirektoren Erhard Warneke und Michael Schulz, die Generalmusikdirektoren Hans-Peter Frank und George-Alexander Albrecht sowie der Erste Kapellmeister Martin Hoff wurden ihre wichtigsten Förderer und Wegbegleiter. Vermissen wird sie die Kollegialität im Opernensemble und das Ausloten ihrer darstellerischen Möglichkeiten innerhalb der Gestaltung einer Rolle. Nun wird sie sich verstärkt dem Schreiben zuwenden können. Ein erster Gedichtband erschien 2012, ein zweiter Band mit lyrischer Prosa erscheint in Kürze im quartus-Verlag. Das Ausdrucksbedürfnis war immer da, sagt Christine Hansmann, die in der 2010 verstorbenen Dichterin Gisela Kraft eine wertvolle Mentorin hatte. Jetzt findet es neuen Raum zur Entfaltung.
Christine Weber
Thüringer Landeszeitung, 20.6.2013
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung